Ein viel zu frühes Ende

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Ein Bericht unserer Freiwilligen Erik, Timo, Lauren und Nora, die aufgrund der Covid-19-Pandemie Ende März 2020 verfrüht aus Panama zurückkommen mussten.
Freiwillige 2020
V.l.: Erik, Nora, Timo, Lauren

Nun ist es schon gut drei Monate her, dass wir Hals über Kopf unsere Sachen wieder in Taschen gepackt haben und viel früher als gedacht und gewollt Panama verlassen mussten.

Anfang März waren wir noch in Santa Fe gewesen, um während des Zwischenseminars über bisherige Erfahrungen zu reden und an Ideen für die nächsten Monate zu arbeiten. Es war ein wirklich tolles Seminar. Die ehemaligen Freiwilligen Hannah und Svenja haben einen schönen Raum geschaffen, um über Themen, die uns in Bezug auf unsere Zeit in Panama beschäftigen zu diskutieren. Wir haben dadurch viele neue Impulse und auch nochmal einen zusätzlichen Motivationsschub für die zweite Hälfte unseres Freiwilligendienstes bekommen. In dem Moment war es für uns alle vier unvorstellbar in kurzer Zeit vielleicht nicht mehr dort zu sein. Am folgenden Montag sind Lauren, Erik und Nora wie gewohnt nach Cerro Negro gefahren, während Timo eine Woche Urlaub genossen hat. Schon seit einigen Tage wurde über Corona berichtet und während der Arbeit auf dem Feld verfolgten wir übers Radio, wie sich die Lage weltweit stetig änderte. Es kam uns dennoch sehr weit weg vor, obwohl Anfang dieser Woche sogar die ersten Fälle in Panama auftraten.
Freitags verabschiedeten wir uns wie immer mit einem „hasta lunes“, also einem „bis Montag“ und zurück in Santiago gingen wir sogar, noch mit neuer Motivation vom Seminar, zu Mi Ambiente, dem Umweltamt, um über eine mögliche Zusammenarbeit zu reden. Uns wurde dort aber schon klar kommuniziert, dass es wegen Corona in nächster Zeit keine Projekte geben wird.
Im Laufe dieser Woche spitze sich die Lage so sehr zu, dass die ersten Flüge gestrichen wurden, weswegen unser Besuch aus Deutschland schweren Herzens entschieden hatten früher zurückzufliegen als ursprünglich geplant. Es war nicht absehbar, wie sich alles entwickeln würde. Mit viel Glück haben sie noch am selben Tag einen Rückflug über Mexiko bekommen, was gar nicht so einfach war, da viele lateinamerikanische Flughäfen den Flugverkehr bereits eingestellt hatten. Zu dieser Zeit waren wir glücklich, dass unsere Freundinnen und Freunde eine schnelle Möglichkeit gefunden haben sicher nach Hause zu kommen und haben nicht daran gedacht, dass vielleicht auch wir zurückfahren müssten. Die Lage in Deutschland war zu dem Zeitpunkt definitiv kritischer und es kam uns somit nicht der Gedanke darüber nachzudenken, ob wir zurückfliegen sollten.
Am Wochenende teilte uns CEPAS mit, dass wir in der kommenden Woche nicht wieder nach Cerro Negro fahren könnten, da sie selbst jeden persönlichen Kontakt eingestellt hatte. Erste Gerüchte erreichten uns, dass Freiwillige aus anderen Ländern zurück nach Deutschland fliegen. Und langsam wurde uns klar, was das alles für uns bedeuten könnte. Mit dem Panamakreis waren wir von da an in engem Kontakt und montags erreichte uns die Information, dass die Dachorganisation weltwärts entschieden hatte, dass alle entsandten Freiwilligen nach Deutschland zurückkommen müssen. Die Entscheidung war somit gefallen, aber es kam uns noch sehr irreal vor, da noch nicht konkret war, wie überhaupt und wann genau die Rückreise stattfinden wird.

Mit dem PanamaKreis hatten wir beschlossen auf das Rückholprogramm der Regierung zu warten, unabhängig davon wie lange es dauern würde. Dennoch fingen wir direkt an zu packen, da dies jeden Moment hätte der Fall sein können. Die Sachen waren relativ schnell gepackt, jedoch blieb ungewiss, ob und wie wir uns verabschieden können. Es war ein großer Wunsch von uns noch einmal nach Cerro Negro zu fahren. Zu gehen, ohne sich für all die schönen Momente bedanken zu können und zu sagen, was uns die gemeinsamen Erlebnisse bedeuten, hätte sich falsch angefühlt. Aber wir wussten auch nicht, ob es in Anbetracht der Lage angemessen wäre, nach Cerro Negro zu fahren und das Risiko in Kauf zu nehmen, das Virus dort mithinzubringen – was das Letzte gewesen wäre, was wir wollten. CEPAS unterstützte uns dabei diesen Abschied doch noch zu ermöglichen. Relativ spontan fuhren wir dank ihrer Unterstützung nach Cerro Negro. Im Vorhinein hatte CEPAS uns über die Promotores im Dorf angekündigt, so dass super viele trotz der Spontanität zusammengekommen sind und wir uns mit angemessenem Abstand verabschieden konnten. Das war ein sehr emotionaler und besonderer Tag für uns.
Es folgten ein paar Tage voller Warten, Verabschieden im Rahmen des Möglichen, Sachen packen, Warten, Corona-Test von Erik, Warten, Soledad aufräumen, unruhig Warten, überschüssiges Essen verschenken, Warten, … . Die Botschaft, welche uns täglich mit neuen Informationen versorgt hat, hatte uns empfohlen nach Panama Stadt zu kommen, um möglichst nah am Flughafen zu sein. Wir wurden von allen Seiten (CEPAS, deutsche Botschaft, PanamaKreis, Cheno & Apo) gut unterstützt. Es folgte eine knappe Woche in einem Hostel in Panama Stadt, welches in Kontakt zur Botschaft stand und von dieser empfohlen wurde. Während wir auf den Rückflug warteten, wurden in Panama immer striktere Ausgangssperren verhängt. Das Hostel haben wir nur zum Einkaufen verlassen. Die Zeit hat sich angefühlt wie ein Zwischenstadium, weder in seinem/ihrem gewohnten panamaischen Umfeld, noch zurück bei seiner/ihrer Familie und Freund*innen in Deutschland zu sein. Dazu kam einerseits die Ungewissheit, was genau uns in Deutschland erwarten würde und andererseits die Sorge, wie sich die Situation weiterhin in Panama entwickeln wird. Aus organisatorischen Gründen der Botschaft flog Nora einen Tag früher zurück, während Timo, Erik und Lauren sich noch einen Tag gedulden mussten. Am Tag der Abreise sind wir auf Anweisung der Botschaft mit einem Shuttle zum Flughafen gebracht worden, da unsicher war, ob es Straßensperren geben würde. Trotz der weltweit unübersichtlichen Situation verlief der gesamte Rückflug glücklicherweise reibungslos.

Mit der gut organisierten Ankunft in Frankfurt gingen dennoch einige chaotische Gefühle einher, die uns die nächsten Wochen begleiten sollten. Es fühlte sich unwirklich an, nun doch so abrupt aus dem panamaischen Umfeld gerissen zu werden. Wir alle wären gerne noch die geplanten vier Monate dortgeblieben. Das Ankommen wurde erschwert dadurch, dass ein freudiges Wiedersehen mit Freund*innen und Familie coronabedingt nicht so möglich war, wie wir es uns unter normalen Umständen gewünscht hätten. Für uns alle war die Zeit etwas Besonderes, woran wir uns immer wieder gerne erinnern und oft im Alltag merken, wie sehr uns Land und Leute fehlen.

Trotz der misslichen Lage sind wir alle gut zurückgekommen und haben uns wieder eingelebt. Derzeit verbringen wir unsere Zeit zwischen Biohöfen und so fröhlichen Dingen wie Studienplanung und Bewerbungen.

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